Zeit für Stille und Besinnlichkeit
[dropcap]W[/dropcap]eihnachten ist als die Zeit der inneren Stille und Besinnlichkeit bekannt, doch meiner Erfahrung nach missverstehen viele, was Stille wirklich bedeutet.
Stille ist nicht nur die Abwesenheit von äußerem Lärm, es geht viel eher um die innere Stille, welches daher rührt, dass der Strom an Gedanken nachlässt oder zum Erliegen kommt – was heutzutage (noch) sehr selten der Fall ist.
Vielleicht hast du schon mal erlebt, dass in einem Moment der Begeisterung, der Freude oder großer Trauer die Gedanken für einen Moment der Stille gewichen sind. Da sich so etwas nicht einprägt (weil Stille eigentlich immer da ist, nur eben von Gedanken übertönt wird) ist es dir vermutlich gar nicht bewusst, dass es geschehen ist.
Genaugenommen ist das der natürliche Zustand – die Gedanken als Werkzeug zu sehen und von ihnen „Gebrauch“ zu machen, wann immer es notwendig ist, aber einen Großteil des Tages in der Stille zu sein. Derzeit ist es umgekehrt – Viele Gedanken, wenig Stille. Ganz ohne Gedanken geht es natürlich nicht. Du kannst z.B. nicht völlig gedankenlos einen Urlaub planen oder einen Marketingplan entwerfen. Doch noch schwieriger ist es, mit einem Sturm an Gedanken das gleiche zu tun. In diesem Fall tritt Verwirrung auf und man trifft Entscheidungen nur auf Grund seiner bisherigen Programmierungen, ohne frischen, kreativen Anteil.
Jeder hoch begabter Musiker schreibt seine Lieder aus diesem „Energiefeld“ der inneren Stille heraus – ob es ihm nun bewusst ist oder nicht. Darüber hat Eckhart Tolle schon intensiv geschrieben und gesprochen.
Für die meisten von uns ist es völlig normal, den ganzen Tag über voller Gedanken zu sein – und doch können Gedanken deine Lebensumstände belasten und deine Lebensqualität einschränken. Umso mehr, wenn Gedanken negativ und destruktiv sind – aber ohne innere Stille (und seien es nur wenige Sekunden pro Tag) geht dir eine wichtige Dimension abhanden.
Wie komme ich zur inneren Stille?
Es gibt unzählige „Tore“, die dich zur Stille führen können. Hier sind einige Übungen, die dir helfen, den Strom an Gedanken zu beruhigen und die Aufmerksamkeit in den Körper zu lenken.
- Aufmerksamkeit auf dein Herz
Lenke, wann immer es dir möglich ist, deine Aufmerksamkeit in den Körper. Fühle ihn. Am einfachsten dabei ist es, deine Aufmerksamkeit auf dein Herz zu lenken. Du kannst dazu deine Hand auf dein Herz legen, so als wolltest du die Nationalhymne singen :-). Und wenn nu jetzt auch noch deinem Herzen ein inneres Lächeln schenkst, hast du es geschafft. Beobachte, was mit dir geschieht, wenn deine Aufmerksamkeit in deinem Körper oder in deinem Herzen ist.
- Nur Gedanken
Eine supereinfache Übung bei dem es darum geht, Gedanken als bloße Gedanken anzusehen – und nicht als die Wirklichkeit. Das heißt: Schau ob es dir gelingt, deinen eigenen Gedanken nicht zu glauben, und zwar ohne Widerstand. Sag also nicht „Was denk ich denn wieder für einen Blödsinn“. Sondern höre deinen Gedanken zu, so als ob dir ein kleines Kind von einem Raumschiff und seinem eingebildeten Freund berichtet. Wir würden vermutlich das Kind auch nicht mundtot machen, sondern mit einem inneren Lächeln die Geschichte anhören und trotzdem Liebe dabei empfinden. Gehe genau so sanft mit dir selbst und deinen Gedanken um – egal wie „schrecklich“ sie seien mögen, es sind nur Gedanken.
Probiere mal folgendes (vor allem, wenn du dich in Gedankenprozessen verlierst): Sag einfach mal: „Was denk ich jetzt in diesem Augenblick?“ und sieh, was passiert.
- Atmung
Wenn du die Aufmerksamkeit auf deinen Atem lenkst, einige bewusste Atemzüge durchführst und dann den Atem gehen lässt, und dich atmen „lässt“, beruhigst du dich innerlich und der Gedankenstrom hat die Möglichkeit, wieder abzureißen.
Gib dein Bemühen auf und gehe spielerisch an die Sache ran. Still zu sein ist das einzige im Leben, wo du keine Leistung erbringen musst – weil du es bereits hast. Du musst nichts dafür tun, um dorthin zu gelangen, weil du schon dort bist. Mit Worten kann man bestenfalls darauf hindeuten, damit du weißt, wovon ich rede musst du es am eigenen Leib erfahren. Ich wünsche dir, dass du die Dimension der Stille, die bereits da ist, für dich entdeckst.
Aloisia Derin, dipl. Mentaltrainerin i.A.